Blick aus der Frontscheibe des Busses auf die Baustelle. © Femern A/S | Olaf Malzahn
Auf einer Bustour über die deutsche Baustelle wurde den Teilnehmer*innen der Stand der Arbeiten erklärt.

Zu Besuch bei einem Megaprojekt

von Felix Klein

Morgens neun Uhr, Bannesdorf auf Fehmarn: In der Einfahrt des Gasthof Meetz tummeln sich viele Menschen. In kleinen Grüppchen stehen sie zusammen, trinken Kaffee oder essen Brezeln. Unter ihnen Personen mit neongelben Jacken, darauf die Aufschrift Femern A/S. Das dänische Unternehmen koordiniert den Bau des Fehmarnbelt-Tunnels, den längsten Absenktunnel der Welt. Die vielen Menschen sind Studierende - Femern A/S hat zum Hochschultag geladen. „Unser Ziel ist es, das Projekt zu präsentieren. Wir wollen ihnen Einblicke in das Mega-Infrastrukturprojekt geben“, sagt Ingenieur Lasse Stiehr.

Auf 18 Kilometern verbindet der Fehmarnbelt-Tunnel Puttgarden mit Rødbyhavn. Das Projekt sei das Gegenstück zum Brenner Basistunnel, der Österreich und Italien verbinden wird, heißt es wenig später in einem Vortrag. Sieben Minuten mit dem Zug und zehn Minuten mit dem Auto dauert die Durchfahrt. Der Fehmarnbelt-Tunnel ist eines der größten Infrastrukturprojekte Europas und eine riesige Baustelle. Für Studierende aus dem Bereich Bauwesen eine interessante Veranstaltung.

Ein Seminarraum voller Menschen, die auf Stühlen sitzen.©Femern A/S | Olaf Malzahn
In verschiedenen Vorträgen erfuhren die Teilnehmer*innen mehr über den Fehmarnbelt-Tunnel.

In verschiedenen Vorträgen erfuhren die rund 250 Teilnehmer*innen mehr über die Facetten des Projekts. Neben allgemeinen Informationen lernten sie mehr über die Kooperation zwischen Bauherrn und Baufirmen, über besondere Kriterien auf der deutschen Seite der Tunnelbaustelle oder über Anforderungen des mechanischen und elektrischen Designs. Den Studierenden bot sich außerdem die Möglichkeit, die Baustelle zu besichtigen. In regelmäßigen Abständen bot der Bauherr Bustouren über das Gelände an. Auf deutscher Seite erstreckt sich dieses auf über 100 Hektar. Auf dänischer Seite sind es sogar mehr als 500.

Mann in neongelber Jacke spricht mit Frau.©Femern A/S | Olaf Malzahn
Die Studierenden hatten die Möglichkeit, mit den Expert*innen des Projekts zu sprechen.

„Momentan befinden wir uns in einer ziemlich wichtigen Phase des Projekts“, erzählt Lasse Stiehr. „In der eigens für unser Projekt errichteten Fabrik auf Lolland werden die Tunnelelemente für den Absenktunnel hergestellt. Parallel dazu werden gerade sowohl auf deutscher als auch auf dänischer Seite die Portale, also die Einfahrten in den Tunnel, gebaut. In der zweiten Jahreshälfte soll das erste Tunnelelement abgesenkt und mit dem dänischen Portal verbunden werden.“ Ein Tunnelelement ist 217 Meter lang und wiegt rund 73.500 Tonnen. Der komplette Fehmarnbelt-Tunnel setzt sich aus insgesamt 89 Elementen zusammen. Mit Schleppern werden die fertigen Elemente auf die Ostsee gezogen und in den Tunnelgraben abgesenkt. Der ausgehobene Meeresboden – insgesamt rund 15 Millionen Kubikmeter wird genutzt, um an der Küste Lollands neues Land zu schaffen. Dort entstehen neue Natur- und Erholungsgebiete.

Blick aus dem Fenster des Busses auf die Baustelle.©F. Klein
Auf einer Bustour über die deutsche Baustelle wurde den Teilnehmer*innen der Stand der Arbeiten erklärt.

„Ein Highlight der Veranstaltung war auf jeden Fall die Baustellenbesichtigung. Solche Dimensionen zu sehen, ist schon sehr beeindruckend“, sagt Niklas Horch. Er studiert Bauingenieurswesen an der Fachhochschule Kiel. Seine Kommilitonin Melina Dose fügt hinzu: „Ich würde mich freuen, wenn die Veranstaltung im nächsten Jahr erneut angeboten wird und wir noch mehr auf der Baustelle sehen könnten.“ Der Bau wird dann schon weiter vorangeschritten sein. 2029 plant Femern A/S, den mautpflichtigen Tunnel fertigzustellen. Wer von Hamburg mit dem Auto nach Kopenhagen fährt, benötigt dann nicht mehr fünf Stunden, sondern nur noch zweieinhalb.

© Fachhochschule Kiel